Das Geheimnis von Slow Sex und Yoga
von Sarina Cant
in
Inspiration und Praxis
Slow Sex hat eine ganze Menge mit Yoga zu tun. Denn bei beiden geht es um Achtsamkeit und Körperlichkeit. Es verbindet das „im Hier und Jetzt sein“ mit Sexualität, und es hilft dir, deine*n Partner*in auf einer spirituellen Ebene kennenzulernen und die eigene Sexualität neu zu entdecken.
Slow Sex ist ein neuer Sex Trend, der von der bekannten Tantralehrerin, Diana Richardson geprägte wurde. Er soll das Sexleben entschleunigen. Beim Slow liegt der Fokus nicht auf akrobatischen Stellungen oder perfekte Orgasmen. Es geht darum, den Sex achtsam zu erleben und sich die Zeit zu nehmen, um die Intimität zu genießen.
Eine repräsentative Studie des Sextoy-Shops AMORELIE zeigt, dass sich die meisten Menschen heutzutage vornehmlich darauf konzentrieren, ihre Partner*innen zu befriedigen und zum Höhepunkt zu bringen.
Nur 12 % setzen sich mit ihren eigenen sexuellen Wünschen auseinander, aber fast 50 % informieren sich darüber, wie sie ihre Partner*innen besser befriedigen können. Es geht also leider häufig nicht mehr um eine schöne Zeit, die man zusammen erlebt, sondern um ein Ziel, das erreicht werden soll. Dabei rückt die eigene Lust in den Hintergrund. Aber wer hat noch Spaß beim Sex, wenn beide Partner*innen nur noch ergebnisorientiert sind?
Slow Sex und die neue Bedeutung von Lust
Höhepunkte rücken dabei erst einmal in den Hintergrund. Beim Slow Sex Höhepunkte zu erleben ist zwar schön, aber Höhepunkte sind ausdrücklich nicht das Ziel. Für viele Frauen ist das eine erfrischende Abwechslung. Slow Sex ist eine gute Alternative zu dem Leistungsdruck, der sich in viele Schlafzimmer eingeschlichen hat.
Ein weiterer wichtiger Punkt beim Slow Sex ist, dass man sich Zeit für das Liebesspiel nimmt. Wie der Name schon andeutet, geht es darum, wirklich langsam zu machen. Auf diese Weise kann man ganz in Ruhe mit dem*der Partner*in eine wunderschöne Zeit voller Intimität und Nähe erleben.
Slow Sex hat eine Menge mit Yoga gemeinsam, was eigentlich nicht verwunderlich ist. Diana Richardson hat mit Slowsex also eine praktische Form des Tantra populär gemacht. Tantra und Yoga sind zwei spirituelle Wege der indischen Philosophie und überschneiden sich an vielen Stellen, daher sind die beiden eine perfekte Ergänzung in der spirituellen Praxis.
Slow Sex ist genau wie Yoga eine Achtsamkeitspraxis. Auch hier wird die Körperwahrnehmung geschult und die Verbindung von Körper und Geist gestärkt. Und genau wie Yoga, wendet sich auch die Slow Sex Praxis gegen Leistungsdruck. Denn es geht nicht darum eine perfekte Form (oder einen Orgasmus) zu erreichen, sondern um Harmonie, inneres Gleichgewicht und den gegenwärtigen Augenblick.
Warum du Slow Sex unbedingt ausprobieren solltest
Auch wenn der Name Sex beinhaltet, ist Slow Sex eigentlich eine spirituelle Erfahrung. Dabei lernt man seine*n Partner*in und die eigene Sexualität auf eine ganz neue Art und Weise kennen. Es bringt besonders Frauen bei, wie sie ihr Liebesleben so richtig genießen können, aber auch viele Männer lieben Slow Sex und das hat viele Gründe.
Beim Slow Sex werden der Sex und die Lust wieder das, was in einer guten Beziehung wichtig ist.
Beim Slow Sex erforschen sich die Partner*innen selbst und gegenseitig, sie finden heraus welche Berührungen und Bewegungen gut tun und das ohne Druck und Stress. Auf diese Weise kommt nämlich auch der Spaß bei der schönsten Nebensache der Welt zurück.
Durch Slow Sex lernst du deinen Körper und sexuelle Stimulation wieder richtig wahrzunehmen und zu genießen. Heute ist die Welt schnelllebig und von Reizen überflutet. Das wirkt desensibilisierend und viele Menschen stumpfen dadurch ab.
Sie verlernen, ihre Körper richtig zu spüren und sie nehmen Berührungen und Stimulation nicht mehr so intensiv wahr oder empfinden sie sogar als unangenehm. Genauso wie Yoga hilft auch Slow Sex dabei die Körperwahrnehmung wieder zu steigern, indem die Achtsamkeit verbessert wird.
Slow Sex macht Lust auf mehr
Durch die bessere Körperwahrnehmung und die gesteigerte Lust beim Sex erleben viele Frauen ihren ersten vaginalen Orgasmus. Zugegeben, das mag vielleicht etwas paradox klingen, denn Höhepunkte sind beim Slow Sex ja komplett unwichtig. Aber wenn Frauen Erfahrungen mit Slow Sex sammeln, dann erleben sie beim „normalen“ Sex auf einmal die sinnlichsten Höhepunkte. Warum? Weil sie gelernt haben, die Stimulation bewusster wahrzunehmen und sich keinen Druck mehr machen.
Slow Sex hilft in Phasen, in denen Stress die Erregung hemmt und das Liebesleben einzuschlafen scheint. Ganz besonders, wenn du gerade in einer Phase bist, in der Sex nicht so wichtig für dich ist, kann Slow Sex eine wunderbare Möglichkeit für dich sein. Slow Sex hilft dabei, das Liebesleben wieder aufzufrischen und lebendig zu halten, wenn man gerade eine schwierige Phase durchmacht. Auch wenn man keine Lust auf Sex hat, weil man zum Beispiel vor kurzem ein Kind bekommen hat, ist Slow Sex eine wunderbare Sache. Slow Sex muss nicht unbedingt etwas mit „Sex“ zu tun haben. Stattdessen werden Liebe und Selbstliebe in den Mittelpunkt gerückt.
Slow Sex mit dir alleine
Wenn du jetzt neugierig geworden bist, dann verrate ich dir jetzt, wie du Slow Sex selbst einmal ausprobieren kannst. Du brauchst dafür nicht einmal eine*n Partner*in.
Setz dich ein paar Minuten in Ruhe auf dein Bett und spüre in den Körper hinein. Wie fühlt er sich gerade an, wie fließt die Atmung durch den Körper. Es ist wie eine Meditation, bei der du dich gezielt auf deine Sinne konzentrierst.
Diese Übung kann man auch gut vor dem Sex anwenden, um sich ganz in seinen Körper einzufühlen, ganz unabhängig davon, ob man Slow Sex ausprobieren will oder nicht.
Wenn du die Zeit mit dir alleine genießt, dann kannst du damit beginnen, deine Berührungen intimer werden zu lassen. Fang an deinen Intimbereich mit einzubeziehen. Aber mach langsam. Auch hier ist der Orgasmus ausdrücklich nicht das Ziel. Stell es dir lieber wie eine intime Massage vor, die du einer geliebten Person schenkst (und damit meine ich dich selbst).
Es ist eine wunderbare Selbstliebe Übung. Denn hier geht es nicht darum, durch mastubieren schnell zum Höhepunkt zu kommen, vielmehr wirst du durch das langsame streicheln und liebkosen deinen Körper neu wahrnehmen und entdecken. Vielleicht fühlst du, wie wunderbar weich deine Haut ist, wie gut du riechst und wie seidig warm du dich anfühlst. Diese Übung verhilft dir zu mehr Selbstakzeptanz und ist eine empfehlenswerte Erfahrung mit dir selbst.
Wie funktioniert Slow Sex mit deinem*deiner Partner*in?
Wenn du dich dazu entschließt, Slow Sex einmal mit dem Partner auszuprobieren, dann solltet ihr euch am besten einen ganzen Abend Zeit nehmen und eine schöne, romantische Atmosphäre schaffen. Plant den Abend am besten im Vorfeld, Slow Sex ist meistens keine spontane Sache. Wenn du Slow Sex mit dir allein ausprobieren möchtest, dann nimm dir einfach den ganzen Abend für dich Zeit. Sieh es wie ein Date mit dir selbst!
Der Slow Sex beginnt damit, dass ihr euch gegenseitig tief in die Augen schaut und euch daran erinnert, was ihr für einen liebevollen Menschen vor euch habt. Lasst euch Zeit dabei. Sobald ihr euch bereit fühlt, könnt ihr damit beginnen, einander ganz langsam und bewusst zu streicheln. Es hilft sehr, wenn ihr euch gegenseitig liebevolles Feedback darüber gebt, was sich gut für euch anfühlt und was eher weniger. Dadurch lernt ihr euch gegenseitig noch mehr kennen. Manchmal ist man sogar überrascht, was sich für einen selbst ganz besonders gut anfühlt. Wenn du dein eigener*deine eigene Partner*in bist, dann bezieh das einfach auf dich selbst. Sei liebevoll zu dir, streichle deinen Körper und nimm wahr, wie es sich anfühlt. Du kannst dabei auch Körperöle verwenden und sie zärtlich einmassieren.
Wichtig bei diesem ersten Schritt ist, dass die Situation nicht sexualisiert wird. Man muss auch nicht erregt sein. Deshalb sollte man hier erst einmal die Geschlechtsteile auslassen, um nicht in das klassische Sexmuster zu verfallen. Wichtig ist auch, dass ihr euch nicht durch andere Sachen ablenkt. Lasst keinen Film im Hintergrund laufen und hört kein Hörspiel oder ähnliches. Es geht nur um dich (und ggf. deine*n Partner*in). Das ist wahrer Slow Sex.
Das langsame Streicheln kann dann zu liebevollen Küssen und Umarmungen übergehen. Steigert euren Körperkontakt langsam und lasst es nach und nach intimer werden. Lasst die Küsse liebevoll über den ganzen Körper wandern und wenn ihr euch bereit dazu fühlt, dann könnt ihr eure Körper vereinen. Dafür sucht man sich eine gemütliche Stellung, in der man lange und bequem liegen kann.
Für den Anfang empfehle ich die Löffelchen- oder Missionarsstellung. Aber ihr könnt wählen worauf ihr Lust habt. Am schönsten ist es aber, wenn ihr euch dabei gegenseitig ansehen könnt und/oder viel Körperkontakt habt.
Beim Slow Sex gibt es keine Errektionspflicht. Frauen können Gleitmittel verwenden, wenn sie nicht so feucht sind und der Penis kann auch eingeführt werden, wenn er nicht steif ist. Dafür braucht man etwas Geduld und Übung, aber ihr habt euch ja ohnehin Zeit füreinander genommen und auf diese Weise wird beiden Partnern der Druck genommen.
Nun wo eure Körper verbunden sind, spürst du einfach ganz bewusst, wie es sich anfühlt. Es geht nicht darum zu penetrieren. Stattdessen geht es um die Verbindung mit dem*der Partner*in oder um die Liebe, die du dir selbst und dem*der anderen schenkst. Dabei spürst du seine*ihre oder deine eigene Nähe und Energie, die Wärme und Zärtlichkeit. Achte darauf wie gut sich jede noch so kleine Bewegung anfühlt. Spüre aber auch genau so den Atem auf deiner Haut.
Ich wünsche dir viele sinnliche Momente,
Sarina Cant
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